Die Herausforderung:
Das kulturelle Angebot in Tübingen ist in seiner Vielfalt und Qualität noch immer überdurchschnittlich.
Doch leider sind in vielen Feldern Auflösungserscheinungen nicht zu übersehen. Der Mangel an größeren Veranstaltungsräumen
hat dazu geführt, dass viele Künstler mit entsprechendem Publikumszulauf nicht mehr nach Tübingen kommen. Die Anzahl der Konzerte, die das Kulturreferat im Festsaal der Universität organisieren kann, ist wegen sinkender
Zuschüsse deutlich zurückgegangen. Das Stadtmuseum hat eine schwere Phase hinter sich. Die Französischen Filmtage laborieren
noch an ihren Streitigkeiten um die Festival-
Leitung. Die Schließung des „Depot“ war für Tausende von Jugendlichen wie ein Schlag ins Gesicht. Nun ist auch noch der „Zoo“ in seiner Existenz bedroht.
Der Tübinger Sommer, von der Oberbürgermeisterin
als „Leuchtturmprojekt“ besonders
herausgehoben, hat bislang nicht die gewünschte Strahlkraft. Die Vertreibung des allseits beliebten Lindenhoftheaters Melchingen
war kein Geniestreich, und eine solide Finanzierung ist immer noch nicht in Sicht. Hektische Notprogramme – wiewohl von erfreulicher
Qualität – können den Ruf unserer Kulturstadt nicht ins Land tragen.
Ein Problem, das alle Kulturschaffenden beschwert, ist die weitgehende Entmachtung des Kulturamts. Viele vermissen einen Ansprechpartner,
beklagen sich über fehlende Wertschätzung und stören sich an einem verengten Kulturbegriff der Verwaltungsspitze. Wenn sich aber die Kulturschaffenden nicht mit ihrer Stadt identifizieren, kann es trotz eines
guten Angebots nicht gelingen, Tübingen als Kulturstadt einen Namen zu sichern. Jeder Leuchtturm braucht zunächst ein sicheres Fundament.
Das Programm für Tübingen:
Tübingen braucht einen Oberbürgermeister, der Kultur nicht selbst organisiert, sondern ermöglicht. Das städtische Kulturamt muss wieder zu einem verlässlichen und kompetenten
Ansprechpartner für alle Kulturschaffenden
und Kulturgenießenden in der Stadt werden. Eine entsprechende Neuabgrenzung der Kompetenzbereiche will ich umgehend angehen.
Für die vielfältigen Wünsche nach Präsentations-
und Veranstaltungsräumen in der Stadt sollte das Kulturnetz als Diskussionspartner
mitwirken. Kultur braucht Orte – die Stadt kann ihr dazu verhelfen. Zum Beispiel durch die Erlaubnis zur Zwischennutzung von Gebäuden. Der Club „Depot“ war hierfür ein herausragendes Beispiel. Leider wurden für alte Industriehallen in Lustnau (Egeria) oder Derendingen (Wurster und Dietz) solche Ideen nicht verwirklicht. Vor dem Verkauf des „Depot“ hätte die Stadt sich mehr um einen neuen Standort bemühen müssen. Eine Groß-Diskothek in einem Neubau ist kein Ersatz für das nun verloren gegangene Angebot. Ich will mich dafür einsetzen, dass die Stadt ihr Planungsrecht in Zukunft zu Gunsten von Kulturschaffenden wie dem „Depot“-Initiator einsetzt.
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Viele Veranstaltungsorte in Tübingen können
nur eingeschränkt genutzt werden. Das Museum und der Festssaal der Universität stehen nur einem kleinen Veranstalterkreis offen. Die Nutzungsgebühren sind teilweise abschreckend hoch. Es wird dabei in Kauf genommen, dass Säle leer stehen, während Veranstalter mangels Räumen das Weite suchen.
Hier wäre es Aufgabe der Stadt, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, und über kulturförderlichere Rahmenbedingungen zu sprechen.
Dabei sollte auch die Mensa in der Wilhelmstraße
zur Sprache kommen: Wenn sie in den nächsten Jahren saniert wird, muss die Stadt mit Land und Studentenwerk über eine Doppelnutzung als Veranstaltungsraum und eine entsprechende Technikausstattung verhandeln. Tübingen benötigt zumindest einen
größeren Saal, der heutigen Ansprüchen an Ausstattung, Technik und Komfort genügt. Sollte Reutlingen seine Pläne zum Bau einer neuen Stadthalle, fünf Minuten vom Bahnhof entfernt, realisieren, müssen neue Formen der Kooperation mit der Nachbarstadt gefunden werden, damit die Kultur nicht schleichend auswandert.
Bei weiterhin beschränkten finanziellen Spielräumen unserer, leider nur kulturell reichen
Stadt, kommt es sehr stark darauf an, das vorhandene Geld richtig einzusetzen. Den Zuschuss für das Festival Afro-Brasil will ich streichen, wenn es am Standort Stuttgart bleibt. Die Shed-Hallen sind ein Beispiel für Räume, die, wegen Sparsamkeit an der falschen
Stelle, unzureichend genutzt werden. Ich halte es für notwendig, die Zuschüsse an die Kultur in Zukunft wieder an die Inflation angepasst zu erhöhen
Ganz oben auf meiner Agenda steht indessen,
der Kultur in Tübingen den richtigen Stellenwert zu verschaffen. Kulturschaffende sollen sich in Tübingen angenommen fühlen und Wertschätzung erfahren. Sie sollen durch die Stadtverwaltung Unterstützung erfahren. Kultur wächst von unten und durch Initiative.
Wenn Tübingen den Ausweg in die freie
Landschaft wählt, werden die Gemeinden um uns herum das als Rechtfertigung für
die Ausweisung weiterer Baugebiete aufgreifen. Ich will deshalb entschlossen die
Aktivierung der Brachflächen betreiben und den Saiben als stadtnahen
Grünbereich, Frischluftschneise und wichtige Fläche zur Grundwasserneubildung zu
erhalten.
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